Newsfeed 17 – Heimweh – So lange weg von zu Hause

Von Ningci S. (Haus Navona)

Für eine chinesische Schülerin ist das Heimweh sehr normal. Wir sind weit weg von zu Hause und die Entfernung zwischen China und Deutschland beträgt 7000 km. Das heißt, bevor wir unsere Familien umarmen können, müssen wir noch 12 Stunden mit dem Flugzeug fliegen. Aber mit unseren Familien zusammen zu sein ist doch wichtiger als die lange Reise.
Ich war vor ca. eineinhalb Jahren das letzte Mal bei meinen Eltern, dann bin ich nach Deutschland gekommen. Insgesamt bin ich 6 Monate in die Sprachschule gegangen und seit 10 Monaten lebe ich in der Gaesdonck. Während der Zeit in der Gaesdonck haben wir viele Ferien und fast alle Freunde von mir fliegen nach China. Es ist besonders, dass ich allein in Deutschland bleibe.
Viele Freunde haben mich gefragt, warum ich meine Eltern nicht vermisse. Ich kann nur antworten, dass ich einerseits kein brennendes Heimweh habe, anderseits ist meine Tante hier. Meine Tante behandelt mich wie ihre Tochter und ich wohne bei ihr während der Ferien, so lerne ich die Landeskunde Deutschlands kennen. Dort ist meine zweite Familie.
Diese Corona-Zeit war am Anfang für mich echt schwierig, da ich viele Nachrichten über COVID-19 gelesen habe und in der Stadt, wo meine Familie wohnt, gibt es viele Infizierte. Ich habe Angst davor, dass meine Eltern und meine Brüder das Virus bekommen und ich nichts für sie tun kann. Mein Vater arbeitet im Krankenhaus. Wenn wir einen Videoanruf machen, kann ich manchmal sehen, dass er Mundschutz, Schutzbrille und Schutzkleidung trägt. In dem Moment zittern meine Hände. Obwohl ich ihn nicht anfassen kann, muss ich mich kontrollieren nicht zu weinen und habe den brennenden Wunsch direkt nach Hause zu fliegen.
Ein paar Monate später ist die Anzahl der Infektionen in China gesunken, aber die Anzahl in Deutschland gestiegen. Unser Gymnasium wurde geschlossen. Am Anfang dachten wir, dass die Schulschließung nicht lange dauern wird, leider ist die Realität schlimmer gewesen als wir dachten. Viele von uns versuchten nach China zu fliegen, jedoch sprachen wegen des Virus die Eltern dagegen. Es ist nicht einfach ein bis zwei Monate in der Schule zu bleiben. Ich hatte einmal mit einer Freundin von mir eine Liste gemacht. Darauf haben wir das Essen, das wir essen möchten und Wünsche aufgezählt. Sie vermisst ihre Katze und ich vermisse meine zweijährigen Brüder. Aber zum Glück sind meine Freunde und meine Tante hier.
In dieser besonderen Zeit machen wir Spaziergänge am Nachmittag, wir unterhalten uns bis 11 Uhr nachts, wir lachen so laut, dass die anderen sich beschweren. Es gibt Erzieher in der Schule, die sich um unser tägliches Leben kümmern. Frau Wischerhoff hat mich auch beim Schreiben für den Text unterstützt.
Wir helfen uns gegenseitig und sagen unseren Eltern, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchen. Es ist wahr, wir vermissen unsere Familien, aber wir sind nicht einsam. Heimweh ist für uns normal. Wir sind weit weg von Hause, aber die Begleitung von Freunden stützt uns und gibt uns Kraft.